Die Fashionista wird zum Shopaholic in Bern
Als mir mein Mann sagte, dass wir für einen Tag nach Bern (die Schweizer Hauptstadt) fahren, hab ich mich sofort die Wellen des endlosen Wissens vom World-Wide-Web begeben um möglichst gut für meine limitierte Zeit des Erkundens der dortigen Modewelt vorbereitet zu sein. I war sehr erfreut, viele überschwänglich lobende Artikel zu finden, die Bern als ein Paradies für Shopping-Individualisten beschreiben … eine 6 km lange Arkade mit kleinen, tollen Boutiquen bietet angeblich alles, was das Mode-Herz begehrt…
Bern, 1191 gegründet, ist wirklich eine entzückend malerische Stadt mit sehr vielen Originalbauten, liebevoll restauriert. Wir sind durch das Botschaftsviertel in die Stadt gefahren und ich war schwerst beeindruckt von den verschieden Baustilen der wunderschönen, prachtvollen Villen!
Nachdem mein Mann mit Meetings beschäftigt war, hat er mich im Stadtzentrum abgesetzt. Ich hab es nicht erwarten können, meine Erkundungstour zu starten und bin praktisch aus dem noch rollenden Auto gehüpft mit dem Satz über die Schulter gerufen ‚Schatz, ruf mich einfach an, wenn du fertig bist und wir gehen was essen! ‘ – und weg war ich :o)
Als erstes bin ich leider gleich mal in die falsche Richtung der Haupteinkaufsstraße getigert und war zutiefst enttäuscht, als ich hauptsächlich eine Ansammlung an Discount-Modeläden vorfand und ein paar Boutiquen mit ausgesprochen hausbackenen Auslagen … Also hab ich mich auf das Anschauen & Studieren der Häuserfronten im Detail konzentriert und meine Laune hat sich schlagartig gebessert. Parktisch jedes Haus hat etwas Nettes an sich, sei es ein Wappen, Fahnen, Statuen, Gemälde, etc. Mit einem Wort: ich war beeindruckt und hab gleich vorsichtshalber Unmengen an Fotos gemacht, wie sich das für einen Touristen gehört ;o)
Selbstverständlich wollte ich mir nicht sofort die Niederlage meines Originalplans des Shoppen-Gehens eingestehen!!! Also habe ich meine Schritte zum Hauptplatz zurückverfolgt, alle Uhr-Türme fotografiert und bin in das Thomas Sabo Geschäft eingefallen, dessen Anhänger ich fast süchtiger Weise sammel. Da es in den meisten Städten ‚Special Editions‘ gibt, hab ich nach solch-welchigen Ausschau gehalten –> ohne Erfolg, aber irgendwas Niedliches findest man dort trotzdem immer :o)
Danach bin ich in die ‘richtige’ Richtung der ‘Gerechtigkeitsgasse’ aufgebrochen und war entzückt von den netten Bistros, Bars, Restaurants und den viel gelobten Boutiquen. Ich muss sagen, dass sie wirklich sehr individualistisch, liebevoll dekoriert und niedlich sind, allerdings habe ich nichts an der ‚Kleidungsfront‘ gefunden, was es auch wert gewesen wäre zu kaufen – von Schuhen ganz zu schweigen. Wahrscheinlich sind der Schweizer Stil und meiner eben zu unterschiedlich, was soll man sagen?
An dieser Stelle werden alle, die mich gut kennen, anfangen sich Sorgen um mein Wohlbefinden zu machen, wenn ich NICHTS einkaufe – aber keine Sorge! Neugierig wie ich bin, hab ich mich daran gemacht die unzähligen, kleinen Antiquitätenläden zu erforschen, die viele versteckte Schätze bergen und das zu annehmbaren Preisen :o) Klarer Weise konnte ich keine Möbel kaufen, denn wie hätte ich die nach Hause geschafft, abgesehen davon, dass die Wohnung zur Gänze eingerichtet ist …
ABER gegen das Ende der Geschäfte hin, als ich die Idee doch noch was zu finden schon fast aufgeben wollte, bin ich gefunden worden :o) Mit einem Restaurateur, der besagten Laden ‚gehütet‘ hat, hab ich mich nett über bevorzugte Epochen, Bezugsstoffe, etc. unterhalten, bis er mich eingeladen hat, mir sein Lager an noch nicht renovierten Möbeln im Keller anzuschauen. Yeahhh, das ist das Allerbeste überhaupt – die Schatzsuche! Zwischen all dem Jahrhunderte alten Staub habe ich einen ausgestopften weißen Tigerkopf aus den frühen 1900ern entdeckt. Er hat mir unendlich leid getan – dieses einst so wunderbare Tier – ich musste ihn einfach retten! Jemand hatte wohl angefangen ihn zu restaurieren, denn sein Maul war voll von lindgrünem Leim (oder was auch immer diese Masse ist) und mir kam vor, dass das arme Schatzi zwischen all dem Staub und den alten, halb zerfallenen Sesseln & Sofas in diesem Keller noch erstickt, wenn ihn keiner liebt. Auch wenn ich Vegetarier bin und absolut mit Nachdruck gegen die Jagd zum Vergnügen bin (vor allem bin ich froh, dass man Tiger nicht mehr abknallen darf, schließlich sind sie wirklich DIE schönsten Tiere, die Gott geschaffen hat), dachte ich mir, dass wenn er schon gute 100 Jahre tot ist, sollte er wenigstens bei jemandem wohnen, der Katzen über alles liebt! Also habe ich ihn nach oben getragen und angefangen um den Preis zu feilschen, bis ich damit zufrieden war.
Als ich meinen Mann zum Lunch getroffen hab, konnte ich es nicht erwarten, ihm voller Begeisterung von meinen tollen Fund zu berichten. Als er meinen entdeckten Schatz gesehen hat, war er weniger als beeindruckt und hat nur gemeint ‚Aber Catzien, was brauchst ausgerechnet du einen ausgestopften, staubigen Tiger, der ganz grün ums Maul ist?!!!‘ … Männer, was soll man sagen, manchmal verstehen sie einfach GAR NICHTS!!! ;o) Als ich ihm erklärt hab, dass nachdem ich ja auch ich eine ‚Katze‘ bin, ich unbedingt eine ‚Schutz-Kate‘ brauche (wie andere Leute ihre Schutz-Engel!), hat er eingesehen, dass es an diesem Tiger kein Vorbeikommen mehr gab.
JJetzt heißt mein Tiger ‚Angelo‘, ich hab ihn mit gebührendem ‚Makeup‘ versehen, sodass alles Grün verschwunden ist und nun hängt er über meinem Schreibtisch und wacht sehr intensiv über mich, während ich hier fröhlich tippe ;o)